Brandenburger WDI-Arbeiter erstreiten Tariflohn

Der größte konzernfreie Drahtproduzent Europas muss auch für die Beschäftigten in der Stadt Brandenburg Tariflohn zahlen. Mit diesem Paukenschlag beendete das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg durch Urteil vom 06.09.2012 eine tarifwidrige Praxis der Firma WDI-Westfälische Drahtindustrie GmbH. 

Der Betrieb hatte mit der IG Metall am 30.06.2008 für sein Werk in Brandenburg einen Haustarifvertrag abgeschlossen. Darin steht, dass insgesamt 22 für die Metallindustrie Nordrhein-Westfalen geschlossene Tarifverträge auch in Brandenburg anzuwenden sind. Hierzu zählt auch ein Lohnrahmen- sowie ein Lohnabkommen in der jeweils gültigen Fassung. 

Statt die Mitarbeiter über den Tarifabschluss und die anwendbaren Tarifverträge in Kenntnis zu setzen, führte der Brandenburger Betrieb wenige Monate später eine Entgeltordnung ein. Hierdurch wurden die Arbeiter im Vergleich zu ihren Kollegen in Westdeutschland und Berlin deutlich benachteiligt. Diese Verschleierungstaktik des Betriebes ging zunächst auf - bis sieben Betroffene den Betrieb erfolgreich auf Auskunftserteilung der Tarifverträge vor dem Arbeitsgericht in Anspruch nahmen. 

Zur Überraschung der Betroffenen erfolgte dann eine Abweisung Klage auf Anwendung des Lohnrahmenabkommens durch Urteil vom 18.01.2012. Die erste Kammer des Arbeitsgericht Brandenburg unter Vorsitz des Direktors Engelbrecht billigte den tarifwidrigen Zustand unter Heranziehung einer Regelung des Haustarifvertrages. Danach sind die "derzeitigen individuellen Eingruppierungen" vorerst dynamisch festgeschrieben. Auf meine Berufung hob das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg dieses Fehlurteil im Grundsatz auf (Az: 25 Sa 646/12). 

Für die Richter in Berlin bestand nicht der geringste Zweifel, dass die einseitige Einführung einer eigenen Entgeltordnung nach Geltung des Haustarifvertrages rechtswidrig war. Nach dem Wortlaut des Haustarifvertrages sollte kein Beschäftigter im Unternehmen benachteiligt werden. Allen IG Metall-Mitgliedern bei WDI in Brandenburg steht also ein Anspruch auf Eingruppierung und Vergütung nach den für die Metallindustrie Nordrhein-Westfalen geschlossenen aktuellen Tarifverträgen zu. 

Tipp: 
Es ist leider häufige Praxis, dass Mitarbeiter über den Inhalt einschlägiger Tarifverträge im Unklaren gelassen werden. Wichtig ist, dass von den Vorteilen gültiger Tarifverträge grundsätzlich nur Gewerkschaftsmitglieder profitieren. 

Das setzt voraus, dass die Tarifverträge der Gewerkschaft bekannt sind. Mit Schreiben vom 12.10.2010 erhielt mein Mandant durch Herrn Mönch von der IG Metall Potsdam die Mitteilung: "Tarifvertragliche Regelungen für den Betrieb, in dem Du beschäftigt bist, gibt es nach unserer Kenntnis nicht". 

Diese falsche Auskunft trug dazu bei, dass die Betroffenen seit 2008 unter Tarif entlohnt wurden. Für die Betroffenen erwies es sich als Rettung, über eine Rechtsschutzversicherung zu verfügen. 

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