Bundesarbeitsgericht erklärt Vergleich für nichtig
Nach mehrstündiger Beratung verkündete der zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts am Mittwoch letzter Woche gegen 18.00 Uhr in Erfurt, dass der durch einen Richter des Landesarbeitsgerichts Hannover erzwungene gerichtliche Vergleich vom 16.08.2006 rechtswidrig ist. Der Vorsitzende Richter am Bundesarbeitsgericht Burkhard Kreft bezeichnete die Drohungen eines Richters gegenüber dem Kläger "sonst müssen wir Sie zum Vergleich prügeln", "Sie werden sonst an die Wand gestellt und erschossen!" als "unsäglich".
Zu Beginn der Verhandlung machte der Vorsitzende Richter Kreft deutlich, dass auch eine am letzten Tag der Jahresfrist erfolgte Anfechtung wegen Drohung noch rechtzeitig ist. Danach warf der Senat die Frage auf, durch welche Drohungen mein Mandant zu dem Vergleich “bestimmt” wurde. In meinen Ausführungen legte ich dar, dass schon wegen dessen jüdischer Abstammung die Verwendung von Begrifflichkeiten aus der Zeit des Nationalsozialismus - wie "Sie werden sonst an die Wand gestellt und erschossen" als Drohung empfunden werden muß. Im übrigen erscheint die Androhung des Erschießens schon angesichts des Amok-Laufes eines Schülers am Gutenberg-Gymnasiums, welches sich in der Nähe des Bundes-arbeitsgerichts in Erfurt befindet, heute generell nicht mehr als fernliegend.
Die Bestimmung durch Drohung ist stets rechtswidrig, wenn das angedrohte Übel schon für sich allein widerrechtlich ist. Wer zum Beispiel unter vorgehaltener Pistole zur Zahlung einer Schuld gezwungen wird, kann die Anfechtung erklären.
Leider sah der Senat von einer Pressemitteilung ab und verwies den Rechtsstreit zurück an eine andere Kammer des Landes-arbeitsgerichts Niedersachsen.
Das Bundesarbeitsgericht hat fünf Monate Zeit, das Urteil schriftlich zu begründen. Seit Einlegung der Revision bis zur Fortsetzung der Verhandlung sind dann mehr als vier Jahre seit der Protokollierung des Vergleichs vergangen. Allein schon die Dauer des Verfahrens läßt Zweifel an der Effektivität des Rechtsstaates aufkommen.