Bundesarbeitsgericht gibt zwei Rettungsdienstmitarbeitern Recht

Durch zwei Urteile vom 18. März diesen Jahres gab der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts zwei von mir vertretenen Rettungs-dienstmitarbeitern Recht und entschied gegen die Rettungsdienst Havelland GmbH sowie die ASB- Rettungsdienst Havelland gGmbH.

In beiden Fällen ging es um die gängige Praxis, für die Zeit des sogenannten Lehrwachen-Praktikums Rettungsdienstmitarbeitern/ innen "Arbeitsverträge für geringfügig Beschäftigte" über-schriebene Aushilfsarbeitsverträge vorzugeben. Die Höhe des vorgegebenen monatlichen Festentgelts betrug 400,00 €. Als sachlicher Grund für die vereinbarte Befristung wurde ein "vorübergehender erhöhter Arbeitskräftebedarf" angegeben. Nach gesetzlichen Vorgaben sind in dem Anerkennungsjahr mindestens 1600 Stunden praktischer Tätigkeit zu leisten.Tatsächlich wurden die Arbeitnehmer im Schichtdienst 48 Wochenstunden als Rettungssanitäter auf den Rettungswagen eingesetzt. Träger des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich Havelland ist der Landkreis Havelland. Nach Auskunft der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen im Land Brandenburg an die Staatsanwaltschaft wurde auf Grund der Anhörungen zu den Gebührensatzungen bisher davon ausgegangen, "dass ausschließlich Personal in Vollbeschäftigung im Rettungsdienst zum Einsatz kam". 

Der Vorsitzende Richter des Senats, Dr. Brühler wies zu Beginn der Verhandlung in deutlichen Worten daraufhin, "wenn auf dem Vertrag Arbeitsverhältnis steht, muß auch ein solcher Inhalt drin sein !" Die Vergütungsvereinbarungen begründen offensichtliche Verstöße gegen das Verbot der Diskriminierung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Danach darf ein teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer wegen der Teil-zeitarbeit grundsätzlich nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer. 

Weitere Klauseln, wonach den Klägern kein Entgelt zustehen sollte, wurden als sogenanntes wucherähnliches Geschäft gemäß § 138 Abs. 1 BGB bewertet und sind daher nichtig. Es bestand ein so auffälliges Missverhältnis von Leistungen und Gegenleistungen, welches ohne weiteres "ins Auge springt". Aus eben diesen Umständen konnten die Bundesrichter den tatsächlichen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung der Geschäftsführer der Begünstigten ziehen. 

Der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts verurteilte die Betriebe unter Neufassung der Urteile der Vorinstanzen auf Zahlung der Differenzen zwischen der gezahlten Vergütung von 400,00 € zu der geschuldeten Vergütung von 1.800,00 € für die Dauer des Praktikumsjahres (9 AZR 694/12, 9 AZR 740/13).

Tipp: 
Betroffenen ist dringend zu raten, derartige Verträge rechtzeitig fachanwaltlich prüfen zu lassen. Aus der Prozessführung der Rettungsdienst Havelland GmbH ließen sich letztlich auch tatsächliche Schlüsse für die Motive der Geschäftsführer ziehen, gegen ein obsiegendes Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg in Revision zu gehen. Für die Betroffenen,- die über keine Rechtsschutzversicherung verfügten - sollte die Knebelung durch dem wirtschaftlich Stärkeren bis zum Tag der Entscheidung in der letzten Instanz fortwirken.

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