Das Strafbefehlsverfahren – Verhaltenstipps bei einem Strafbefehl
Bei dem sogenannten Strafbefehlsverfahren handelt es sich um ein abgekürztes Strafverfahren ohne Hauptverhandlung, in dem auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Gericht die Rechtsfolgen der Tat durch einen sogenannten Strafbefehl festsetzt.
Ein solches Verfahren kommt in der Praxis bei Massenverfahren der kleineren Kriminalität häufig zur Anwendung. Es dient dazu, die Mehrzahl der kleineren Delikte schnell und reibungslos durch die Gerichte zu bewältigen. Hierzu zählen unter anderem Verkehrsdelikte, Ladendiebstähle oder Leistungserschleichungen im Personennahverkehr. Auch bei Straftaten von Normalbürgern, wie im Eigentums- und Vermögensbereich oder Streitigkeiten unter Nachbarn beantragt die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht häufig einen Strafbefehl. Vor allem der gerichtsunerfahrene Normalbürger sollte folgende wichtige Grundregeln kennen.
Der Richter hat dem Antrag der Staatsanwaltschaft zu entsprechen, wenn dem Erlass des Strafbefehls keine Bedenken entgegenstehen. Er prüft in diesem Zusammenhang, ob ein hinreichender Tatverdacht, also die Wahrscheinlichkeit der späteren Verurteilung, vorliegt.
Die Überzeugung von der Schuld des Täters braucht sich das Gericht nicht zu verschaffen. Da keine Hauptverhandlung stattfindet, kennt der Richter den Betroffenen nicht persönlich, denn er hat ja nur die Strafakte. Damit besteht ein Risiko in diesem sogenannten summarischen Strafverfahren für den Betroffenen in der Einschränkung seines rechtlichen Gehörs.
Die durch das Gericht verhängten Strafen können erheblich sein. Hat der Angeschuldigte keinen Verteidiger, können Geldstrafen bis zu 360, bei Tatmehrheit bis zu 720 Tagessätzen verhängt werden. Die Fahrerlaubnis darf bis zu zwei Jahren entzogen werden. Wird der Angeschuldigte einen Verteidiger vertreten, so kann nach neuer Gesetzeslage auch eine Freiheitsstrafe ausgesprochen werden, allerdings nur bis zu einem Jahr und nur, wenn ihre Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
Spätestens nach dem Erhalt eines Strafbefehls sollte sofort fachanwaltlicher Rat eingeholt werden, um zu entscheiden, ob gegen den Strafbefehl binnen zweier Wochen Einspruch eingelegt wird.
Wenn diese Frist versäumt wurde, ist der Strafbefehl rechtskräftig und vollstreckbar. Wird der Einspruch nicht verspätet eingelegt, wird das Strafbefehlsverfahren in ein gewöhnliches Strafverfahren übergeleitet und Termin zu Hauptverhandlung anberaumt. Nach Ablauf der kurzen Zwei-Wochen-Frist ab Zustellung, steht der rechtskräftige Strafbefehl einem rechtskräftigen Urteil gleich. Die Folge: Der oder die Betroffene muss die Geldstrafe zahlen. Ansonsten tritt an die Stelle einer uneinbring-lichen Geldstrafe gem. § 43 StGB eine Freiheitsstrafe. Ein Tagessatz entspricht ei-nem Tag Freiheitsstrafe.
Durch die Vollstreckungsbehörde wird also die im Strafbefehl genannte Tagessatz-zahl als Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. In der Praxis ist es nicht selten, dass schon wegen Versäumung der Einspruchsfrist eine Gefängnisstrafe droht, obwohl der Betroffene sich tatsächlich nicht strafbar gemacht hat.