Die Wahrheitsfindung im Strafverfahren

Die Freispruchsquote beträgt bei durchgeführter Hauptverhandlung für den Ange-klagten im Strafverfahren zirka 3 %. Jeder Betroffene, der also eine Ladung für eine Hauptverhandlung erhält, sollte sich vorher über den Ablauf der Hauptverhandlung Gedanken machen. 

Mit den Mitteln des Strafverfahrens will das Gericht die individuelle Schuld des Angeklagten in der Hauptverndlung nachweisen. Anders als im Parteiprozess im Zivilverfahren versucht das Gericht im Strafverfahren also von Amts wegen heraus-finden, ob der Tatvorwurf aus der Anklage der Staatsanwaltschaft zutrifft. Der Richter forscht in der mündlichen Verhandlung nach der Wahrheit. Das geschieht durch die Erhebung von Beweisen. 

Das Herzstück der Hauptverhandlung in nahezu jedem Strafverfahren ist mit die Beweisaufnahme. Als Beweismittel kommen zum Beispiel Zeugen, Sachverständige, Urkunden oder Inaugenscheinnahme in Betracht. Regelmäßig kann der Strafrichter durch seine Aufklärungspflicht nur versuchen, dieser absoluten Wahrheit so nahe wie möglich zu kommen. Je nach der Zuverlässigkeit der Beweismittel, wie zum Beispiel der Glaubwürdigkeit von Zeugen, kommt der Richter der wahrheitsgemäßen Feststellung eines Geschehens nahe oder bleibt ihr fern. In der Praxis muss sich der Richter daher mit einer „relativen" Wahrheit begnügen. Die Erforschung der materiellen Wahrheit ist daher in Wirklichkeit die richterliche Überzeugung. Sie findet der Richter aufgrund seiner freien Beweiswürdigung, die Fundament seines Urteils ist. Allerdings gibt es für die freie Beweiswürdigung keine objektiv gültigen und immer überprüfbaren Maßstäbe. 

Die Rechtsprechung lässt daher auch für die Bildung der richterlichen Überzeugung ein „nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, dem gegenüber vernünftige Zweifel nicht mehr aufkommen", genügen. Ein Urteil ist daher ein Wurf nach der Gerechtigkeit. 

Aus meiner Sicht sollte nicht davon ausgegangen werden, das Gericht werde schon alle für den Angeklagten günstigen Umstände finden. Der Richter ist nur bei einem Beweisantrag des Angeklagten verpflichtet, die Beweisaufnahme auf die vom Angeklagten angebotenen Beweismittel zu erstrecken. Jede Hauptverhandlung bedarf da-her einer sorgfältigen Vorbereitung. 

Entlastende Tatsachen sollten durch entsprechende Beweisanträge schriftlich in die 

Hauptverhandlung eingeführt werden. Nur so kann auf die Bildung der richterlichen Überzeugung Einfluss genommen werden. Das kann die Führung eines kostspieligen Berufungsverfahren vermeiden helfen. 

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