Geschwindigkeitsüberschreitung: Messung am Ortsausgangsschild

Bei etwa 80% der im Straßenverkehr begangenen Ordnungswidrigkeiten handelt es sich um Geschwindigkeitsüberschreitungen. Oftmals wird ein empfindliches Bußgeld, Punkte in Flensburg oder ein Fahrverbot verhängt. Aus anwaltlicher Sicht kann sich ein Betroffener jedoch häufig mit Erfolg gegen einen Bußgeldbescheid wehren, weil bereits die formalen Anforderungen an die Geschwindigkeitsüberwachung durch die Ordnungsbehörden nicht eingehalten wurden. Die Durchführung der Geschwindig-keitsüberwachung wird in allen Bundesländern über Verwaltungsvorschriften geregelt. Diese Richtlinien haben nicht nur für das Verwaltungshandeln, sondern auch für nachfolgende Rechtsstreitigkeiten Bedeutung. Sie sorgen für eine Gleichbe-handlung bei der Geschwindigkeitsmessung innerhalb ihres räumlichen Geltungsbereiches.

Wird der Gleichheitsgrundsatz durch die polizeilichen und kommunalen Kontrollbehörden nicht ausreichend beachtet, hat der Bußgeldrichter dies grundsätzlich zugunsten des Betroffenen zu berücksichtigen. Auch im Land Brandenburg gelten Richtlinien zur Verkehrs- und Geschwindigkeitsüberwachung. Festgelegt ist darin beispielsweise, dass Kontrollen in mindestens 150 m Abstand zu geschwindigkeitsregelnden Verkehrszeichen, wozu auch Ortstafeln gehören, stattfin-den muss. 

Wird die Radarkontrolle entgegen den örtlich geltenden Richtlinien unmittelbar vor ei-ner das Ende der innerörtlichen Höchstgeschwindigkeit anzeigenden Ortsausgangstafel durchgeführt, ohne dass eine besondere Gefahrensituation, wie beispielsweise vor Kindergärten und Schulen, vorgelegen hat, so kann darin etwa ein besonderer Umstand liegen, der einen Ausnahmefall bei der Festsetzung eines Fahrverbots rechtfertigt, selbst wenn die Messung in ihrem Ergebnis korrekt war. So war beispielsweise in einem Fall vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht ein Autofahrer von einer Radaranlage "geblitzt" worden, die unmittelbar vor dem Ortsausgangsschild aufgebaut war. Trotzdem eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 32 km/h gemessen wurde, rechtfertigte nach Auffassung des Gerichts allein der Umstand, dass die Radarmessung gegen die geltenden Richtlinien verstieß, die An-nahme eines Ausnahmefalls, in dem auf die Verhängung eines Fahrverbotes verzichtet werden kann.

Die Verteidigung Betroffener wegen Geschwindigkeitsverstö-ßen wird aufgrund der fortschreitenden technischen Entwicklung der Meßgeräte zu-nehmend anspruchsvoller. Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen, ist es nicht zuletzt aufgrund der nur zweiwöchigen Einspruchsfrist im Bußgeldverfahren ratsam, frühzei-tig anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. 

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