5.400 € Entschädigung wegen überlanger Prozessdauer

Bei überlanger Dauer eines Gerichtsverfahrens sieht das Gesetz neuerdings Entschädigung in Höhe von 1.200 € für jedes Jahr der Verzögerung vor. Exemplarisch ist der Fall eines angehenden Erziehers, für den ich in drei Prozessen seit 2011 gegen das Jobcenter Brandenburg geklagt hatte. Das Sozialgericht ließ die Akten erstmal liegen. Vier Jahre später endeten die zwischenzeitlich verbundenen Verfahren schließlich im Termin am 21.07.2015. Zuvor hatte ich die Verzögerung mehrfach schriftlich gerügt.

Auf meinen Antrag verurteilte das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg das Land auf Entschädigung wegen überlanger Prozessdauer gemäß § 198 Gerichtsverfassungsgesetz in Höhe von insgesamt 5.400 € (Az. L 37 SF 6/16 EK AS).

Die Richter stellten in den drei Verfahren "inaktive Phasen" des Sozialgerichts von 32, 30 und 28 Monaten fest. Nach Abzug einer dem Sozialgericht einzuräumenden "Vorbereitungs- und Bedenkzeit" von je 12 Monaten ergaben sich zu entschädigende Zeiträume von 20, 18 und 16 Monaten. Abweichend von einer früheren Entscheidung entschied das Landessozialgericht sogar, dass mein Mandant trotz der Verbindung für alle drei Prozesse und nicht etwa nur für ein Verfahren zu entschädigen ist.

Tipp:
Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er schon bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens mit einer Verzögerungsrüge gerügt hat. Die Entschädigungsklage ist frühestens sechs Monate nach erfolgter Verzögerungsrüge zu erheben. Spätestens muss die Entschädigungsklage sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet hat, erhoben werden. Hierbei handelt es sich um eine absolute Ausschlussfrist.

Unser Autor: Rechtsanwalt René Vogel ist Fachanwalt für Verkehrsrecht und Sozialrecht in der Fachanwaltskanzlei Schmedes, Bauhofstraße 56 in 14776 Brandenburg (Tel: 03381/ 52970). Er ist zugleich tätig mit dem Schwerpunkt Medizinrecht.

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