Kann ein Schuhabdruck am Pkw zur Ermittlung des Täters führen ?
Die kriminaltechnische Beweisführung über Indizien durch die Polizei nimmt in Ermittlungsverfahren und im Strafprozess einen zunehmenden Stellenwert ein. Der Fall des Amtsgerichts Brandenburg 24 Cs (171/11) zeigt, das jeder Sachbeweis von Spuren kritisch zu hinterfragen ist.
Durch Strafbefehl wurde meinem Mandanten vorgeworfen, er hätte am 07.05.2011 Nachts gegen 1.10 Uhr grundlos mit dem rechten Fuß gegen die Fahrertür des dort geparkten PKW Mazda getreten. Durch Sachbeschädigung war ein Schaden in Höhe von 1.711,00 € entstanden. Das Pech meines Mandanten war, dass er zur selben Zeit einige Straße weiter mit seinem Fahrrad unterwegs war - mit den Vorwürfen hatte er dagegen nichts zu tun. Trotzdem wurden seine Schuhe der Marke "Venice " Größe 47 zur Beweissicherung von der Polizei einbehalten. Nach Einlegung des Einspruchs gegen den Strafbefehl führte der Strafrichter eine Beweisaufnahme durch. Kein Zeuge konnte jedoch meinen Mandanten als Täter identifizieren.
Stattdessen sollte die Schuhabdruckspur an der Fahrertür die Täterschaft meines Mandanten beweisen. Das Amtsgericht beauftragte deshalb einen Sachverständi-gen, der mittels Druckerschwärze auf transparenter Zeichenfolie und weißem Papier sogenannte Experimentalabdrücke mit den Laufsohlen fertigte. Das Landeskriminalamt kam zu dem Schluss, "dass die rechte Laufsohle der Schuhe wahrscheinlicher Verursacher ist." Allerdings ist die bloße Übereinstimmung von Spur und Vergleichsprobe für sich genommen wenig aussagekräftig. Entscheidend kommt es darauf an, wie wahrscheinlich es ist, dass eine Person, die nicht der Täter ist, Schuhe der Marke "Venice " Größe 47 in Brandenburg und Umgebung trägt ?
Tipp:
Die Auswahl des Sachverständigen birgt für den Betroffenen erhebliche Risiken. Erfolgt die Bestellung im Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft soll dem Verteidiger gem. Nr. 70 RiStBV grundsätzlich Gelegenheit gegeben werden, vor Auswahl eines Sachverständigen Stellung zu nehmen. Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt und vereidigt, so sollen gemäß § 73 Abs. 2 der Strafprozessordnung andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es erfordern. Der Sachverständige des Kriminalamts war nicht
öffentlich bestellt worden.
Obwohl sich aus Sicht der Staatsanwaltschaft durch die zweifelhafte Auswertung des Gutachtens der Tatverdacht durch das Landeskriminalamt erhärtet hatte, sprach das Amtsgericht Brandenburg meinen Mandanten in einer weiteren Hauptverhandlung am 18.12.2012 aus tatsächlichen Gründen frei. Er brauchte die im Strafbefehl festgesetzte Geldstrafe von 2.400,00 € nicht zahlen, die Kosten seiner Verteidigung trägt die Landeskasse.