"Noch nicht mal eine Hand voll Reis"

Ein Jahrespraktikum zur Erlangung der Berufsbezeichnung "Rettungsassistent" ist für junge Menschen sehr begehrt. Bei diesem Beruf handelt es sich um einen einzig auf Bundesebene gesetzlich geregelten Ausbildungsberuf im Rettungsdienst. Das Interesse der Praktikanten könnte durch die Geschäftsführung des ASB Rettungsdiensthavelland gGmbH über Jahre auf strafbare Weise ausgenutzt worden sein. 

Der Arbeiter-Samariter-Bund betrieb bis Ende letzten Monats sogenannten Lehrrettungswachen unter anderem in Nauen und Falkenssee. Nach gesetzlichen Vorgaben sind in dem Praktikumsjahr mindestens 1600 Stunden an praktischer Tätigkeit zu leisten. Tatsächlich ordnete die Geschäftsführung nach kurzer Zeit für die Praktikanten Einsätze in Wechselschichten - das heißt Tages und Nachtdiensten - in der Funktion eines Rettungs-assistenten an. 

Der Einsatz als Beifahrer auf den Rettungswagen erfolgte in der vollwertigen Funktion eines Rettungsassistenten über 48 Stunden wöchentlich. Dies geschah nach vorliegenden Dienstplänen überwiegend ohne Aufsicht eines Ausbilders. 

Anders als in Entwicklungsländern durch Gewährung von Naturalien wie eine Hand voll Reis erfolgte durch die selbst ernannten Samariter über Jahre keine finanzielle Gegenleistung. Durch Verwendung entsprechender Formulare wurde der Anspruch auf Entlohnung ausgeschlossen. 

Mir liegen "Vereinbarungen" seit dem Jahre 2002 vor, die unter anderem regeln: "Der/die Praktikant/in erhält kein Entgelt und somit unterliegt er/sie hinsichtlich seines/ihrer praktischen Einsatzes auch nicht der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht". 

Tipp: 
Der Anspruch auf eine angemessene Ausbildungsvergütung für das sogenannte praktische Jahr ergibt sich aus dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) Nach dem Urteil des Landes-arbeitsgerichts Sachsen vom 30. September 2005 (3 Sa 542/04) ist die Höhe der angemessene Vergütung nach dem Tarifvertrag für den Auszubildenden des öffentlichen Dienstes TV-Prakt zu bemessen. 

Derzeit überprüft die Staatsanwaltschaft Potsdam in einem Ermittlungsverfahren gegen die Geschäftsführerin des ASB, Frau Liane Stawemann, ob die abgerechneten Kosten von zirka 450,00 € je Einsatz des Rettungswagens mit den tatsächlich erbrachten Tätigkeiten übereinstimmen. 

Es ist wohl kein Zufall, als drei Mitarbeiter des ASB Mitte Juni letzten Monats zerrissene Original-Belege über Krankentransporte in den Müllcontainernn des ASB vorfanden. Wegen konkreter Anhaltspunkte für die durch systematische Vernichtung von Unterlagen einhergehende Verdunklungsgefahr folgte eine Razzia durch Beamte des Landeskriminalamtes. Die Polizisten durchsuchten 10 Rettungswachen und Geschäftsräume der Samariter. 

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