Verfassungsgericht schränkt Strafbarkeit wegen Unfallflucht ein

Der Vorwurf des unerlaubten Entfernens von der Unfallstelle ist ein häufiger Vorwurf in Ermittlungs- oder Strafverfahren. Mehr als 50 000 Autofahrer werden jährlich in der Bundesrepublik wegen „Verkehrsunfallflucht“ bestraft. 

Durch eine längst überfällige Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht jetzt die in der Vergangenheit ausgeuferte Strafbarkeit von Autofahrern wegen Unfallflucht eingeschränkt (Urteil vom 19.03.2007 - Az. 2 BvR 2273/06 -). Es gab einem Autofahrer Recht, der beim Überholen an einer Baustelle unbemerkt Rollsplitt aufgewirbelt und dadurch einen anderen Wagen beschädigt hatte. Als er einen halben Kilometer später in eine Tankstelle einbog, stellte ihn der geschädigte Fahrer zur Rede. Der Unfallverursacher bestritt jede Verantwortung für den Schaden und fuhr weiter, ohne seine Personalien zu hinterlassen. Obwohl dem Autofahrer nicht nachgewiesen werden konnte, dass er den Unfall bemerkt hatte, verurteite ihn das Amtsgericht Herford zu einer Geldstrafe. Das Amtsgericht bezog sich dabei auf die jahrelange Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) wonach sich wegen Un-fallflucht auch strafbar mache, wer nach einem Unfall zunächst unabsichtlich weiterfährt, dann aber - nachdem er den Unfall bemerkt hat oder darauf aufmerksam gemacht wurde - nicht unverzüglich die Feststellung seiner Personalien ermöglicht. 

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes wird der Wortlaut des § 142 StGB (Unfallflucht) durch diese Spruchpraxis des BGH unzulässig ausgedehnt. Eine Be-strafung habe sich immer so konkret wie möglich am Gesetzeswortlaut zu orientieren, weil die Strafbarkeit für jeden Betroffenen vorhersehbar sein muss. Gemäß § 142 Abs. 2 Nr.2 StGB müsse nur derjenige nachträglich seine Personalien angeben, der sich zunächst "berechtigt oder entschuldigt" vom Unfallort entfernt hat - etwa, um einen Verletzten ins Krankenhaus zu bringen. Eine Auslegung der Vor-schrift dahingehend, dass die Norm auch ein unvorsätzliches Sich-Entfernen vom Unfallort erfasst, überschreitet die Grenze des möglichen Wortsinns. Denn wer sich „berechtigt oder entschuldigt“ vom Unfallort entfernt, handele unter ganz an-deren Voraussetzungen als derjenige, der dies mangels Kenntnis des Unfallgesche-hens tue. 

Tipp:
Unfallflucht ist kein Kavaliersdelikt. Neben den strafrechtlichen Konsequenzen droht insbesondere der Verlust des Versicherungsschutzes. Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen sollte daher frühzeitig der Rat eines im Verkehrsrecht spezialisier-ten Rechtsanwalts in Anspruch genommen werde. Keinesfalls ist es empfehlenswert auf eigene Faust eine Einlassung zum Tatvorwurf gegenüber der Polizei abzugeben. 

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