„Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht"

Der Verkauf eines selbst geschriebenen Romans eines Arbeitnehmers an Kollegen während der Arbeitszeit berechtigt den Betrieb nicht zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung. 

Der scheinbar frustrierte 52 Jahre junge Sachbearbeiter in der Abteilung Vertrieb/Verkauf verfasste einen fiktiven Roman aus der Perspektive des Ich-Erzählers "Jockel Beck". Darin zeichnet er kein positives Bild über den Betrieb, in dem er seit 1998 beschäftigt. ist. Ein fiktiver Kollege "Hannes" hat "alles geraucht, was ihm vor die Tüte kam." Die Beschreibung einer türkischen Kollegin, "deren Intellekt diametral zur ihrer Körbchengröße steht", kommt auch nicht gut weg. Der Juniorchef "Horst" wird als "Feigling" beschrieben der "nicht die Eier hat, jemanden persönlich gegenüber zu treten." 

Nachdem der Arbeitnehmer angeblich Ende Oktober 2010 das Buch im Betrieb während der Arbeitszeit Kollegen zum Kauf angeboten hatte, sprach der Betrieb im November 2010 nach Zustimmung des Betriebsrats eine fristlose Kündigung aus. Aus Sicht des Betriebes enthalte das Buch sexistische und beleidigende Passagen, die den Betriebsfrieden massiv gestört hätten. 

Auf seine Kündigungsschutzklage gab das Arbeitsgericht Herford dem Sachbearbeiter Recht. Dieser hatte sich mit Erfolg auf die Kunstfreiheit berufen. Die dargestellten Personen seien nicht mit realen Personen verwechselbar. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts liege ein Verstoß gegen die Treuepflicht vor, wenn ein Arbeitnehmer beispielsweise Persönlichkeitsrechte der Kollegen verletze. Dies sei jedoch hier nicht dargetan. 

Selbst wenn in die Persönlichkeitsrechte von Kollegen eingegriffen worden wäre, so sei die Kunstfreiheit hierbei zu berücksichtigen. Je stärker eine nicht auf bestimmte Personen abzielende Darstellung in den Bereich der Privatsphäre bzw. intime Lebensbereiche hineinreiche, desto höher seien die Anforderungen an die Anonymisierung. Der Betrieb habe nicht detaillierter vorgetragen, in welcher Hinsicht er eine Identität mit real existierenden Personen vorlag. Auch der Aspekt der Betriebsfriedensstörung reiche für eine außerordentliche Kündigung nicht aus, weil der Arbeitnehmer nicht in schwerwiegender Weise gegen die Pflicht verstoßen habe, keine Konflikte in den Betrieb hineinzutragen. 

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat diese Entscheidung durch Urteil vom 15.07.2011 ( 13 Sa 436/11) bestätigt. Der Arbeitnehmer habe schließlich versichert, der Roman spiegele nicht die wirklichen Verhältnisse wider. Die Richter ließen die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu. 

Tipp: 
Therapeutisch mag es sinnvoll sein, seine Erfahrungen mit Kollegen oder dem Chef durch Verfassen eines Buches zu verarbeiten. 

Es ist allerdings nicht zu empfehlen, seine Bücher im eigenen Betrieb zu verkaufen. Der Prüfungsmaßstab eines „wichtigen Grundes" liegt letztlich in der Bewertung des Arbeitsrichters aus der Sicht "eines ruhig und verständigen Arbeitgebers". Bei den Richtern des Arbeitsgerichts Brandenburg wäre der 

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