Zählt Weihnachtsgeld zum Mindestlohn?
Versuche, den Mindestlohn zu umgehen, haben zu einer Vielzahl von Verfahren vor dem hiesigen Arbeitsgericht Brandenburg geführt. Nach der Anfang dieser Woche geäußerten Einschätzung einer Richterin sind der Phantasie vieler Betriebe offenbar keine Grenzen gesetzt, den Mindestlohn zu umgehen.
Bei dem Erhalt eines Schreibens vom 16.12.2014 beschlich viele der unter 8,50 € beschäftigten Mitarbeiter der KSC Klinik Service Center GmbH bereits eine böse Vorahnung, als durch ihre Geschäftsführerin, Frau Wolter, eine Lohnerhöhung von zwei Prozent angeboten wurde. Davon sollte aber nur profitieren, wer einer Änderung seines Arbeitsvertrages zustimmt, wonach die Jahressonderzahlung künftig nicht mehr im Mai und November, sondern monatlich zu je einem Zwölftel ausgezahlt wird. Während das Tochterunternehmen des Klinikums Brandenburg, durch diesen Trick rechnerisch auf einen Stundenlohn mehr 8,50 Euro pro Stunde kommen würde, droht den Beschäftigten des KSC durch die Anrechnung von Weihnachts- und Urlaubsgeld auf den Mindestlohn ein Verlustgeschäft.
21 Beschäftigte lehnten eine solche Vertragsänderung ab - was Frau Wolter nicht hinderte, die gesplittete Auszahlung der Jahressonderzahlung gegen den Willen der Betroffenen vorzunehmen. Nach Erhebung von Klagen auf Zahlung des Mindestlohn der von mir mir vertretenen Beschäftigten des KSC kündigte Personalleiter Dr. Bert Stresow in den bisherigen Güteterminen an, die Klageabweisung zu beantragen. Je nach Terminstand haben die Vorsitzenden Richter der vier Kammern des Arbeitsgerichts Kammertermine für den kommenden Herbst anberaumt.
Tipp:
Urlaubs- und Weihnachtsgeld honorieren die Betriebstreue und sind daher nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn anzurechnen. Mit Urteil vom 04.03.2015 hat das Arbeitsgericht Berlin ( Az. 54 Ca 14420/14) entschieden, dass der Arbeitgeber ein Urlaubsgeld nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen darf und eine Änderungskündigung zur Umsetzung einer solchen Anrechnung unwirksam ist.