Schlecker-Kündigung erwies sich als unwirksam

Der Ausgang des Verfahrens einer von mir vertretenen Schlecker-Verkäuferin vor dem Landesarbeitsgericht Berlin- Brandenburg Anfang Oktober wirft ein Schlaglicht auf die frühere Personalführung des insolventen Drogeriemarktes. 

Meine Mandantin hatte nach Feierabend in ihrer Schlecker-Filiale selbst noch Waren im Wert von 33,36 € eingekauft. Als sie bei ihrer Kollegin mittels EC-Karte bezahlte, druckte die Kasse einen Händlerbeleg über 19,13 € aus. Einen Kundenbeleg erhielt meine Mandantin nicht. Da die Kassiererin und meine Mandantin zutreffend davon ausgingen, dass aufgrund eines technischen Fehlers nur 19,13 € statt 33,36 € vom Konto der Klägerin abgebucht wurden, gab die Kassiererin den Restbetrag von 14,23 € noch einmal gesondert ins Terminal ein. Dieser Betrag wurde vom Konto meiner Mandantin abgebucht. 

Was nun folgte, war ein für Schlecker typisches Vorgehen: In einem kurzfristig anberaumten Personalgespräch wurden durch die damals zuständige Bezirksleiterin Frau Lenz massive Vorwürfe in den Raum gestellt; es wurde dann ein vorformulierter Aufhebungsvertrag mit der Androhung vorgelegt, entweder zu unterschreiben oder die fristlose Kündigung entgegen zu nehmen. Tatsächlich folgte auf die Weigerung meiner Mandantin die fristlose Kündigung. 

Auf Ihre Klage vor dem Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel erlebte sie das frustrierende Erlebnis der Verhandlung vor der dritten Kammer (3 Ca 873/11). Nach Auffassung des Vorsitzenden Richter am Arbeitsgericht Brandenburg Siggel und der ehrenamtlichen Richterin Frau Beiler und Herrn Heppe hätte sie den Betrag in Höhe von 19,13 € bewusst nicht gezahlt. Obwohl auf dem Kassenbeleg die Kontonummer gar nicht zu ersehen ist, hätte sie angeblich erkennen müssen, dass die Kontonummer nicht ihre gewesen sei. Durch Urteil vom 18.01.2012 wurde die Klage abgewiesen. 

Erwartungsgemäß wurde das erstinstanzliche Urteil auf meine Berufung unter dem Vorsitz des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, Dr. Binkert, am 04.10.2012 abgeändert und die Kündigung für unwirksam erklärt (2 Sa 798/12). "Bereits auf der Grundlage des Beklagtenvortrages hat sich für das Berufungsgericht eine das Vertrauensverhältnis endgültig zerstörende Pflichtwidrigkeit der Klägerin nicht erschlossen"- ist den Entscheidungsgründen der 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg zu entnehmen. 

Für das Berufungsgericht lag es auf der Hand, dass sich meine Mandantin keinen Vermögensvorteil vorsätzlich „erschlichen" haben konnte. Trotz Insolvenz über das Vermögen des Anton Schlecker war die Ehre meiner Mandantin als Verkäuferin wieder hergestellt. 

Tipp: 
Für die Betroffene war es von existenzieller Bedeutung, durch Einlegung der Berufung beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg ihren untadeligen Ruf einer seit 13 Jahren beschäftigten Verkäuferin wieder herzustellen. Die Rechtsprechung der Richter des Arbeitsgerichts Brandenburg liegt nach meinen Erfahrungen überwiegend auf der Linie der Arbeitgeber. Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat ab Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe. 

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